
Am 6. Mai durfte ich zum 70-jährigen Jubiläum der Gilde Schweiz ein Grusswort ausrichten. Es war eine besondere Ehre, mich vor einer Versammlung von Menschen zu befinden, deren Arbeit nicht nur den Gaumen erfreut, sondern auch das soziale Gefüge unserer Gesellschaft stärkt. Als Politikerin betrachte ich es als Privileg, die Gelegenheit zu haben, die Bedeutung und den Einfluss der Gastronomie auf unser tägliches Leben anzuerkennen und zu würdigen.
Das waren meine Worte:
Kennt ihr die US-Patent Nummer 2,495,429? Vor 70 Jahren, am 24. Januar 1950 erhielt Percy LeBaron Spencer aus West Newton, Massachusetts das Patent für seine Erfindung. Die war in einem militärischen Forschungslabor bei der US-Firma Rayton entstanden – durch Zufall.
1946 testete Spencer für Radarsysteme zur Überwachung von Kriegsflugzeugen eine elektronische Röhre, die Mikrowellen erzeugte. Bei den Versuchen mit elektromagnetischen Wellen im Gigahertz-Frequenzbereich schmolz plötzlich die Schokolade in der Hosentasche und Maiskörner flogen als Popcorn durch das Labor. Spencer vermutete, dass dafür die Strahlung verantwortlich sein musste.
Ist es nicht so, dass das alles zu heute und 70 Jahre Gilde Schweiz passt?
Bei Geburtstagsreden werfe ich gerne den Blick in das virtuelle Tagebuch des Weltgeschehens. Es lässt mich eintauchen in die Zeit von damals und ich erkenne, welche Leistung ein Verein, ein Unternehmen, oder einfach auch eine einzelne Person erbracht haben.
Nun, Und ich habe nicht schlecht gestaunt, was alles in diesem Jahr Wichtiges erfunden wurde: Neben der Mikrowelle auch die Teflon-Pfanne. Im Landesmuseum war 2019 eine Ausstellung dort wurden die Besucher so informiert: Die Schweizer Küche gehört global nicht zu den bekanntesten. Doch ohne die Schweiz wäre das kulinarische Erbe des Planeten sicher um einige Kapitel ärmer. Oder anders gesagt: Das Kochen wäre etwas komplizierter.
Genauso wichtig wie die Entdeckung der Teflon-Pfanne oder der Mikrowelle für den Fortschritt in der Küche war, ist die Gründung der Gilde Schweiz ein Meilenstein für etablierte Gastronomie in der Schweiz. Und ist heute noch ein Netzwerk für den Zusammenhalt der Gesellschaft, er ist also systemrelevant.
Wie sagte Honoré de Balzac, französischer Schriftsteller so schön „Brot und Wasser stillen den Hunger jedes Menschen, aber unsere Kultur hat die Gastronomie erfunden.
Mit dem Fortschritt Schritt halten ist eure Königsdisziplin. Ob Carnivor, Vegetarierin, oder Veganerin, ob Glutenallergie oder Laktoseintoleranz, ihr seid Spezialisten für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen. Ihr habt das richtige Bauchgefühl und den Verstand der Fachkraft.
Es passt darum gut, dass am 17. Mai 1954, am Gründungstag der Gilde Schweiz, der US-Supreme Court ein wichtiges Urteil gefällt hat: Die Rassentrennung an staatlichen Schulen wurde aufgehoben. Fortan durften Schwarze und Weisse Kinder zusammen im Schulzimmern sitzen. Ja auch ihr Gastronomen arbeitet für den Erhalt der Menschlichkeit. Menschlichkeit wird einem nicht in die Wiege gelegt. Menschlichkeit erlangt man erst durch die Chance, das Verhalten anderer Menschen direkt und mit allen Sinnen also live und nicht «social-medial» zu erleben. Man muss keine Psychologin sein, um zu wissen, dass der Mensch von Angesicht zu Angesicht mehr Anstand und Respekt hat als vor der Tastatur.
Euer Wert ist nicht nur einer, der in wirtschaftlichen Zahlen zu messen ist. Euer Wert ist ein gesellschaftlicher, der weit über das persönliche, vielzitierte Amüsement hinausgeht, wenn man sich einen Abend im Restaurant gönnt. Das macht die Gastronomie nicht nur wichtig, sondern eben relevant. Und zwar so, dass die Gesellschaft ohne sie zusammenbrechen kann und wird. Zusätzlich zu eurem täglichen Arbeiten beweist ihr Euren Wert als Vereinigung mit eurer Charity Week. Ich bin beeindruckt. Wirklich.
Ich habe noch etwas gefunden im weltweiten Netz. Es gibt noch ein wichtiges Ereignis 1954 dem man dank der Gastronomie Zauberkräfte zuschreibt. In Bern fand am 4. Juli das Finale der Fussball-WM statt. Deutschland gewinnt überraschend gegen den Favoriten Ungarn. Am Abend feierten die Deutschen ihren Sieg im Hotel Belvédère in Spiez.
Zum 50igsten Jubiläum dieses Siegs organisierte der neue Besitzer des Hotels eine Ausstellung und wollte zur Eröffnung man das Siegermenü kochen. Doch niemand hatte es, auch das Belvédère nicht.
Es war Anfang Januar 2004, als Schneider den Tipp bekam, es doch mal bei der Ehefrau von Werner Liebrich, einem Mitglied der WM-Mannschaft zu versuchen. Dieser sei ein grosser Sammler. Tatsächlich, so kam nach Spiez zurück, was als verschollen galt: das Menü des 4. Juli 1954. «Des Abends, an dem die Ungarn weinten und die Deutschen feierten.»
Das Original-Menü: doppelte Rinderbrühe, Forelle blau mit Sauce Hollandaise, dazu Salzkartoffeln, Entrecôte double mit Kräuterbutter, Gemüse, Salat, Pommes frites, als Dessert eine Vacherin Glacé. Schon damals nichts für schwache Mägen.
Eure Arbeit in Hotels und Restaurant ist der Stoff, aus dem Wunder-, Liebes-, Friedengeschichten etc. geschaffen wurden und immer noch werden. Mit Geschmacksexplosionen und einer Symphonie der Sinne wird Essen zu einer der schönsten Nebensachen der Welt, wenn es um die Hauptsache geht: das Menschsein.
Als Politikerin bringe ich euch nicht nur mein Grusswort, sondern auch mein Angebot zur Zusammenarbeit. Sei es in der Stärkung der Lehrlingsausbildung oder für eine starke und gute Beziehung zur EU und zur Personenfreizügigkeit. Im Fokus meiner Arbeit steht dabei Aufklärung, Veränderung und Vernunft für eine gerechte Politik. Ich anerkenne als Sozialdemokratin eure Arbeit für und mit Menschen. Ich danke euch von ganzem Herzen für euren Beitrag für eine Gesellschaft in der die Sinnlichkeit gefördert und somit die Geselligkeit gestärkt wird. Ich gratuliere euch von Herzen zum 70igsten Bestehen und bedanke mich aufrichtig für Euere Arbeit und die Einladung.
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